Kleine Chronik der Faust-Festspiele

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Die Faust-Festspiele wurden bereits im Jahr 1995 von den beiden Theatermachern Ulrike Mahr und Daniel Leistner im oberfränkischen Kronach gegründet, wo die Festspiele von 1995 bis 2015 auf der dortigen Festung Rosenberg stattfanden.

Und seit 1995 ist der Regisseur, Schauspieler und Literaturwissenschaftler Daniel Leistner M.A. Intendant der Faust-Festspiele.

Die Festspiele unter der Gesamtleitung von Ulrike Mahr und Daniel Leistner waren von Anfang an ein Riesenerfolg, und jedes Jahr strömten im Schnitt 15000 Zuschauer zu den Spielen auf die Festung Rosenberg.

Im Jahr 2015 jedoch beendete die Stadt Kronach die Faust-Festspiele, um in Zukunft Theater mit einer anderen Ästhetik zu etablieren – weg von dem Volkstheateransatz der Faust-Festspiele, die die berühmten Klassiker stets groß, bunt, überschwänglich, volksnah und verständlich präsentiert haben.

Sofort nach dem Ende der Faust-Festspiele in Kronach, entschied der damalige Pegnitzer Uwe Vogel, der bereits als Schauspieler in Kronach mitwirkte, die Festspiele nach Pegnitz zu holen und Pegnitz zur Festspielstadt zu machen.

Bereits im Jahr 2016 fanden in einem noch kleinen Rahmen in der Turnhalle des Gymnasiums die ersten Faust-Festspiele Pegnitz statt. Von 2017 bis 2019 gab es die Faust-Festspiele dann als großes Freilichttheater auf dem Pegnitzer Schlossberg.

Doch leider war der Schlossberg als Standort nicht zu halten. Zu aufwändig waren jedes Jahr Auf- und Abbau des Festspielgeländes. Auch war das Zeitfenster für die Spielzeit der Festspiele, die ja auf viele andere Veranstaltungen auf dem Schlossberg Rücksicht nehmen mussten, extrem ungünstig.

Ende 2019 jedoch wurde den Festspielen völlig unerwartet ein wunderschönes Gelände an der Schüttersmühle in Pottenstein angeboten, dessen großartiges Potenzial Uwe Vogel und Daniel Leistner sofort erkannten.

Ein bereits geplanter Festspielstart 2020 in Pottenstein wurde durch die Covid-19-Pandemie verhindert. Auch im Jahr 2021 war ein Spielbetrieb wegen der Pandemie noch nicht möglich.

Doch die Theatermacher nutzten die Zeit, das Gelände für den Festspielbetrieb professionell auszubauen. Wege wurden befestigt, Hütten gebaut und große Erdarbeiten fanden statt, so dass die Faust-Festspiele jetzt nicht nur über eine atemberaubende Wald- und Naturbühne verfügen, sondern auch über einen eigenen Biergarten.

Der Festspiel-Start in Pottenstein 2022 erwies sich dann auch als sehr, sehr großer Erfolg. Für die Aufführungen gab es stets großen Jubel und oftmals auch Standing Ovations. Die Faust-Festspiele setzen damit ihre Erfolgsgeschichte, die 1995 in Kronach begann, mit dem gleichen Schwung, der gleichen Frische und der gleichen Energie munter und fröhlich fort.

Das erste Plakatmotiv und Logo der Faust-Festspiele 1995. Ulrike Mahr als Mephisto. © Ulrike Mahr
Daniel Leistner als Faust und Ulrike Mahr als umjubelter weiblicher Mephisto in eben jener „Faust“-Inszenierung von 1995, die auch heute noch – in veränderter Besetzung – in Pottenstein zu sehen ist. Quelle: Archiv Faust-Festspiele
Im Goethe-Jahr 1999 zeigten die Festspiele mit großem Erfolg Goethes Lustspiel „Claudine von Villa Bella oder Krach um Claudine“ als knallbuntes spanisches Mantel- und Degen-Abenteuer. Foto: Ulrike Mahr
Barbora Baranova und Rainer Gräbner, der Ende der 2000er Jahre die Rolle des Mephisto in Kronach übernahm, in Grabbes „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung oder In der Hölle wird gescheuert“, einem der größten Komödien-Erfolge der Festspiele. Foto: Ulrike Mahr
Die Nürnberger Schauspielerin Heidemarie Wellmann spielte unglaubliche 20 Jahre lang das Kronacher Gretchen im „Faust“. Ihre berührende Darstellung bewegte das Publikum von 1995 bis 2015. Foto: Harald Lappe
Das Kronacher Gretchen Heidemarie Wellmann erfüllte auch lustige und fröhliche Rollen mit quirligem Leben. Hier als Puck in einer Inszenierung von Shakespeares „Sommernachtstraum“. Foto: Harald Lappe
In Kronach wirkten in jeder Spielzeit zwischen vierzig und fünfzig Statisten mit und erfüllten die Freilichtbühne mit Leben. Foto: Harald Lappe
Eine Szene aus „Die Hochzeit des Figaro“. Daniel Leistner mit seinem langjährigen Kronacher Bühnenpartner, dem beliebten und bejubelten Volksschauspieler Jürgen Nestmann. Foto: Harald Lappe
Auch der beliebte Berliner Schauspieler Andreas Mannkopff (Mitte) war in Kronach dabei. Neben seinen Rollen in verschiedenen Weihnachtsserien und im „Traumschiff“ erlangte er in den 80er Jahren als Stimme von Kater „Garfield“ Kultstatus. Links neben ihm die Berliner Schauspielerin Cornelia Meinhardt, die deutsche Synchronstimme von Sally Field. Foto: Harald Lappe
Nach dem Umzug nach Pegnitz übernahm 2016 die Schauspielerin Caroline Müller mit großem Erfolg die Gretchen-Rolle von Heidemarie Wellmann. Foto: Anja Barthen
Uwe Vogel wurde 2016 zum Darsteller des Mephisto, während Daniel Leistner auch nach 20 Jahren immer noch den Faust gibt. Foto: Anja Barthen
Ein Urgestein der Faust-Festspiele ist der Schauspieler Holger Lappe (links), der seit 1995 im „Faust I“ den Schüler Wagner und Gretchens Bruder Valentin spielt. Foto: Anja Barthen
Die Berliner Schauspielerin Melina Rost (rechts) gehörte schon in Kronach zu Leistners Ensemble. Seit Pegnitz ist auch Georg Mädl aus Kulmbach (Mitte) festes Mitglied des Ensembles. Hier in dem Stück „Leonce und Lena oder Zwei Königskinder auf der Flucht“, einer der am meisten bejubelten Produktionen der Festspiele in Pegnitz. Foto: Anja Barthen
Das neue Festspielgelände in Pottenstein ist eine perfekte, romantische Naturbühne. 2020 erfolgte der Umzug der Festspiele von Pegnitz nach Pottenstein, aber aufgrund der Pandemie konnte der Spielbetrieb erst 2022 aufgenommen werden. Foto: Anja Barthen

Faust seit 1995.
Ein Interview mit dem Intendanten Daniel Leistner.

Herr Leistner, wie kam es denn zur Gründung der Faust-Festspiele?
„Im Sommer 1994 produzierte die Theatergruppe „Werkbühne Kronach“ anlässlich der „Lucas Cranach“-Landesausstellung auf der Kronacher Festung Rosenberg unter meiner Regie eine kleine, aber feine Freilichttheater-Aufführung von Goethes „Faust I“. Die Verbindung zwischen Faust, Cranach und Kronach war die, dass der historische Faust zur gleichen Zeit lebte wie Lucas Cranach und ebenso wie dieser ein sich von den Fesseln des mittelalterlichen Denkens lösender, nach Erkenntnis strebender Renaissance-Mensch war. Angesichts des Erfolges dieser Aufführung kam der Stadt Kronach die Idee, auf der Festung regelmäßig Theater spielen zu lassen. 1995 trat der damalige Bürgermeister der Stadt Kronach, Manfred Raum, an die Theatertruppe „Werkbühne Kronach“ heran und fragte, ob man auf der Festung nicht ein Freilichttheaterprojekt etablieren könne. Ich als damaliger Leiter (und auch heutiger, denn diese Bühne gibt’s immer noch!) der „Werkbühne“ habe nicht an den Erfolg eines solchen Projektes geglaubt. Meine damalige Kollegin und Bühnenpartnerin, die Schauspielerin Ulrike Mahr, hat mich allerdings so lange bedrängt, dass ich letztendlich zugestimmt habe. Meine Forderung war, dass wir die großen Klassiker der Weltliteratur spielen – und zwar absolut volksnah und verständlich für jedermann! Und der größte deutsche Klassiker ist nun mal „Faust“. Deshalb „Faust-Festspiele“. Ulrike Mahr und ich sind die beiden, ohne die es die Faust-Festspiele in Kronach nie gegeben hätte. Ich habe den Faust gespielt und Ulrike den weiblichen Mephisto. Und es war ein Bombenerfolg. Ich bezweifle, dass so etwas heute noch mal machbar wäre.
Gleich im ersten Jahr erwiesen sich die Festspiele als Riesenerfolg. Wir waren ständig ausverkauft und von der Begeisterung der Kronacher absolut überrascht und geplättet. Das war der Grundstein für 20 Jahre Faust-Festspiele in Kronach.“

Und warum hat die Stadt Kronach die Faust-Festspiele nach 20 Jahren abgeschafft?
„Die Faust-Festspiele waren einer Abteilung der Stadt Kronach unterstellt, einem Eigenbetrieb. Und obwohl, meiner persönlichen Meinung nach, die Festspiele immer erfolgreich liefen, und im Schnitt insgesamt 15.000 Zuschauer pro Spielzeit auf die Kronacher Festung kamen, war meine Vorgesetzte mit meinem Theater unzufrieden. Man wolle anspruchsvolleres, besseres Theater. Mein Konzept, Theaterklassiker volksnah für jedermann zu präsentieren, hat meine Vorgesetzte nicht beeindruckt. Nach und nach wurden meine Handlungsspielräume eingeschränkt und mir Kompetenzen entzogen. Und am Ende der Spielzeit 2015 hat der Kronacher Stadtrat absolut überraschend meine Entlassung verkündet – obwohl sich der damalige Kronacher Bürgermeister noch zwei Monate vorher öffentlich hinter mich gestellt hat. Die Gesamtleitung der neuen Festspiele wurde von meiner Vorgesetzten übernommen, die sich offenbar eine völlig neue Ästhetik wünschte, was darin gipfelte, dass die Stadt Kronach sogar den Namen und die bewährte Marke „Faust-Festspiele“ abgeschafft hat und ihren neuen Festspielen einen völlig anderen Namen gegeben hat.“

Und wie kam es, dass Sie die Faust-Festspiele bereits im darauffolgenden Jahr in Pegnitz weiterführen konnten?
„Das völlig unerwartete Ende der Faust-Festspiele Kronach erfolgte im September 2015. Bereits im November meldete sich Uwe Vogel, den ich im „Troschenreuter Mundarttheater“ kennengelernt hatte, und der 2015 als Schauspieler in Kronach war, bei mir, und meinte, er will die Faust-Festspiele in Pegnitz etablieren und Pegnitz zur Festspiel- und Tourismusstadt machen. Und bereits im Januar 2016 saß ich mit Uwe im Pegnitzer Stadtrat, um die Idee zu erläutern. Unser stärkster Fürsprecher war der damalige Bürgermeister Uwe Raab, der erkannt hat, was es für Marketing und Tourismus einer Stadt bedeutet, Festspielstadt zu sein. Ihm gilt mein größter Dank! Im November 2016 haben wir den „Faust“, also genau die Inszenierung von 1995 mit natürlich anderen Schauspielern, in Pegnitz aufgeführt. Das war großartig!“

Aber nach nur vier Jahren war in Pegnitz Schluss. Warum?
„Der Schlossberg in Pegnitz war eine wunderschöne Spielstätte, aber leider für den Festspielverein nicht mehr zu halten. Erstens war das Zeitfenster, in dem wir spielen konnten, zu klein, es gab ja noch andere etablierte Veranstaltungen mit festen Terminen. Dann musste jedes Jahr in kürzester Zeit das Festspielgelände völlig neu auf- und nach den Festspielen wieder abgebaut werden. Wie eine Zirkusstadt. Das war einfach nicht machbar. Auch die Miete für den Schlossberg von über 3000 Euro war zuviel für uns. Ein anderer Standort, den wir in Pegnitz ausgesucht hatten, erwies sich leider als ungeeignet, da die Anwohner unser Theater wegen Lärmbelästigung ablehnten. Aber gerade da, Ende 2019, wurde uns zehn Kilometer von Pegnitz entfernt das Gelände an der Schüttersmühle in Pottenstein angeboten. Ein absoluter Zufall und ein absoluter Glücksfall!“

Das stimmt, denn die Faust-Festspiele Pottenstein erweisen sich tatsächlich als äußerst erfolgreich. Herr Leistner, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Anja Barthen für den Verein Faust-Festspiele e.V.